Fool me once, fool me twice
Mit dem Ablauf des Ultimatums des UN-Sicherheitsrates für Iran gelangt der "Atomstreit" in die nächste Runde - eine Woche nachdem der Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses die bisherigen Fakten des iranischen Nuklearprogramms neu aufgemischt und Iran weiterhin zur strategischen Bedrohung für die USA stilisiert hat
Georg Schöfbänker 31.08.2006, Erstveröffentlichung bei Telepolis"There's an old saying in Tennessee - I know it's in Texas, probably in Tennessee - that says, fool me once, shame on - shame on you. Fool me - you can't get fooled again. You've got to understand . . . ." (George W. Bush, 17.9.2002)
"Ich weiß, Sie alle glauben, wir kämpfen gegen die Hisbollah. Doch klar ist: der Staat Israel kämpft gegen Iran und Syrien, die die Hisbollah benutzen, um Israel vom Norden her anzugreifen." Ehud Olmert,
Wie hier bereits mehrfach analysiert wurde (
Irans Regime hat die vom UN-Sicherheitsrat geforderte Beendigung seines Anreicherungsprogrammes nicht Folge geleistet und wird dies höchst wahrscheinlich auch nicht tun. Die Konfrontation geht also in die nächste Runde. Militärische Zwangsmaßnahmen sind nach der bisherigen Resolution 1696 ohnehin
Spätestens seit Beginn des Jahres 2006 ist von militärischen Eventualplänen die Rede, die weit über Routineplanungen hinausreichen. In akademischen Außenpolitikkreisen ist seit Wochen davon die Rede, dass Bush eine binäre Entscheidung vorgelegt werden würde, die keinerlei Spielraum mehr enthält, sondern nur eine Entscheidung zwischen Nicht-Handeln und einem Militärschlag gestatten würde
Iran als strategische Bedrohung für die USA?
Der Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses hat in seinem
Auch wenn der Bericht keine neue Information enthält, so tischt er düster klingende Beschuldigungen auf, die meist den Eindruck hinterlassen, dass der Iran Nuklearwaffen schneller entwickelt, als die Geheimdienste den Mut haben einzuräumen. Er schüttelt auch einige Verschwörungstheorien durcheinander, beispielsweise die unbewiesene Behauptung, der Iran habe den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah fabriziert. Und er beklagt, dass die amerikanischen Geheimdienste zu vorsichtig sein, dass sie "vor provokativen Schlussfolgerungen zurückscheuen". Newt Gingrich, der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, sprach dies noch deutlicher aus, als er die Unzufriedenheit einiger Republikaner mit den CIA-Berichten über den Iran so darstellte: "Die Geheimdienste widmet sich der Vorhersage der Welt, die am wenigsten gefährlich ist."
Das alles ist eine abschreckende Erinnerung an das, was geschah, als Geheimdienstanalysten Vizepräsident Dick Cheney berichteten, sie könnten nicht beweisen, dass der Irak eine Atomwaffe entwickelt oder Verbindungen zu al-Qaida hat. Er fragte sie, ob sie das wirklich meinen – bis die CIA den Hinweis verstand.
Dafna Linzer
Mit anderen Worten. Wieder einmal hat ein ausgewiesener Neocon einen Mitarbeiter so positioniert, dass dieser Druck auf die Geheimdienstkreise ausüben kann, unter dem
Diese Auslassungen und Übertreibungen dieses Berichtes nehmen sich jedoch vergleichsweise harmlos aus gegenüber den wenige Tage später (27.-30. August 2006) lancierten Falschmeldungen in den überregionalen Tageszeitungen der USA über die Inbetriebnahme eines nuklearen Schwerwasserreaktors im Iran.
Falschmeldungen über einen iranischen Schwerwasserreaktor in Arak
Ein Reaktor, der als Kernbrennstoff und -Brutstoff Natururan (0,7% U235 und 99,3% U238) verwendet und als Moderator "schweres Wasser" D2O, ist neben der Anreicherung von Uran der zweite Königsweg zur Nuklearwaffe. Durch Neutroneneinfang verwandelt sich das Uran238 in Plutonium239, das danach mit chemischen Mitteln (Wiederaufarbeitung) abgetrennt werden muss. Die Inbetriebnahme eines Natururan-Schwerwasserreaktors hätte in der Tat auf eine noch größere Nähe zu einem Nuklearwaffenprogramm hingewiesen, als die ohnehin schon im Testbetrieb befindliche Urananreicherung.
Was war geschehen? Irans Regime verkündete im staatlichen TV medienwirksam die Inbetriebnahme einer Produktionseinrichtung für schweres Wasser. US-Medien jedoch berichteten, Iran hätte einen Natururan-Schwerwasserreaktor in Betrieb genommen, was jedoch keineswegs den Tatsachen entspricht.
Die NYT
Mr. Ahmadinejad says the reactor will be used only for peaceful purposes. Given Iran's long record of duplicity about its nuclear ambitions, Western European nations and the US believe it will be used to produce nuclear weapons.
Der weitere Zeitplan zur Eskalation wird davon abhängen, ob sich die Necons und Alarmisten durchsetzen werden, denen schon die technologische Beherrschung der Urananreicherung ein Dorn im Auge ist und die nach wie vor auf einen Regime-Wechsel in Teheran setzen. Wie viel Druck Israel diesbezüglich auf die Bush-Regierung ausüben wird. Welche Rolle die Kongresswahlen im November 2006 spielen werden. Einzig klar dürfte sein, dass es wohl kaum mehr zu einer diplomatischen "Lösung" der iranischen Nuklearkrise kommen wird.
Georg Schöfbänker ist Politikwissenschafter und betreibt das Österreichische Informationsbüro für Sicherheitspolitik und Rüstungskontrolle in Linz. | ||